Mit der Zahnbürste im Mund stand Pohlmann im Hangar seiner Gefühle und stellte das Leben infrage, das ihn die letzten Jahre führte. Die Luft war feucht und voller Seufzer.
„Hörst du das Gewirr der Richtungen?“, fragte eine kleine Unruhe, die es sich auf dem Fensterbrett gemütlich gemacht hatte.
Joachim-Alexander Pohlmann lauschte konzentriert in die Leere, schüttelte den Kopf. „Ich höre nur das Klirren der Möglichkeiten, die am Alltäglichen zerschellen.“
„Nein, nein“, rief die Unruhe, „du irrst dich nicht gründlich genug! Hör genauer hin.“
Das Einzige, das Pohlmann hörte, war die Anstrengung. Als er sich jedoch an dieses Geräusch gewöhnt hatte, traten andere Töne in den Vordergrund. Drei Fassungslosigkeiten entfernt quietschte eine arme Seele über den Marktplatz der Befindlichkeit. Irgendwo fiel ein Honigbrot zu Boden. Er hörte, wie im Hinterhof des Rationalen irgendjemand ein paar
Entscheidungen treffen wollte. Aber die hatten keinen Bock auf Gesellschaft und lagen säuselnd im Heizungskeller des Nachbarhauses.
Ereignisse haben stattgefunden, finden statt, werden stattfinden, werden stattgefunden haben. Schatten gehen ins Licht und kommen aus der Nummer selten heile raus. Menschen ohne innere Mitte gehen bis zum Äußersten.
„Ich höre kein Gewirr der Richtungen“, sagte Pohlmann schließlich mit demselben festgefrorenen Blick, mit dem er sich jeden Morgen im Spiegel seiner Existenz vergewisserte, weit davon entfernt, ein freundliches Lächeln in die nicht einwandfreie Zeit zu skizzieren.
„Alter!“, rief die Unruhe, sprang vom Fensterbrett auf den Klodeckel und stand dort wie ein unzufriedener Kunde, der keinen Ansprechpartner für seine Beschwerde findet.
Pohlmann verhedderte sich im Labyrinth der hauchdünnen Geduldsfäden. „Sie haben geläutet?“, fragte der Verstand und zuckte so gut es ging. Pohlmann versuchte, ihn zu ignorieren. Die Unruhe verlangte all seine Aufmerksamkeit.
„Du musst dich voll auf deine Zweifel konzentrieren“, sagte die kleine Unruhe, aber dieser Hinweis war gar nicht mehr nötig. Pohlmann hörte es. Er hörte es so klar, wie man es durch eine Wand aus 90 Zweifeln nur hören kann.
„Ich will’s versuchen“, seufzte der Schatten und ging in die Sonne. Was blieb war die Frage, ob er noch Zeit hatte zu bemerken, dass seine anfängliche Skepsis nicht ungerechtfertigt war. Aber diese Frage war nicht mehr so laut wie der Seufzer.
Erwartungsvoll schaute die Unruhe zu Pohlmann. Pohlmann bekam glänzende Augen und nickte. Ein kurzer Moment der Stille, dann brachen Pohlmann und die kleine Unruhe in lautes Gelächter aus. Sie lachten, weil sie keine Lust hatten, nicht zu lachen. Von Schatten keine Spur.